Das Internetunternehmen Facebook hat im Januar 2015 seine Nutzungsbedingungen geändert. Die Kritik der Nutzer ließ nicht lange auf sich warten. Schließlich fühlen sich auch Politiker berufen, sich darüber medienwirksam zu echauffieren. So auch die medienpolitische Sprecherin der CDU/CSU Bundestagsfraktion Nadine Schön:
Beinahe schon lustig klingen die Aussagen der Neuland- Parlamentarierin zum Thema Datenschutz und Transparenz in diesem Zusammenhang.
Das Geschäftsmodell von Netzwerken beruht darauf, Daten zu sammeln, auszuwerten und zu vernetzen.
(Quelle: https://www.cducsu.de/presse/texte-und-interviews/was-bedeuten-die-neuen-facebook-nutzungsbedingungen)
Korrekt müsste Frau Schön eher von Internetdienste- Anbietern sprechen, die daraus ein Geschäftsmodell entwickelt haben, Daten zu sammeln, zu analysieren und insbesondere für Werbezwecke zu nutzen. Das sind keine Netzwerke, sondern im Fall von Facebook, worauf sie sich ja explizit bezieht, ein sogenanntes „soziales Netzwerk„.
Stetige Innovation ist gut, es muss aber klar sein, dass die Datenschutzregeln vor Ort eingehalten werden müssen. Auch muss transparent sein, welche Rechte Nutzer haben, um Missbrauch entgegenzuwirken, und welche Pflichten Anbieter erfüllen müssen. Hier hat Facebook Nachholbedarf.
Bekanntermaßen ist das Internet ein Medium, welches nicht an Ländergrenzen gebunden ist. Es gelten also bestenfalls die gesetzlichen Rahmenbedingungen des physikalischen Standortes der Facebook- Serverlandschaft oder der Geschäftssitz des Unternehmens. Beides befindet sich in den USA, worauf die deutsche oder europäische Judikative keinen Einfluss hat. Man könnte bereits an dieser Stelle die immer wiederkehrende Debatte um Änderungen der Geschäftsbedingungen von Facebook beenden. Außerdem muss das Geschäftsmodell eines Unternehmens keinesfalls transparent sein. Die Rechte und Pflichten der Nutzer kann man in den Nutzungsbedingungen nachlesen…
Wer sich nicht abmeldet und die Plattform Facebook weiterhin nutzt, stimmt automatisch den neuen Nutzungsbedingungen zu.
Hiermit gibt Frau Schön sich eigentlich genau die richtige Antwort selbst. Mehr wäre aus politischer Sicht dazu auch nicht zu sagen.
Ich gehe davon aus, dass Verbraucherschützer mit Klagen reagieren werden.
Das wird eher nicht geschehen, denn damit kann man sich nur lächerlich machen.
Die neuerliche Debatte hatte einen positiven Nebeneffekt, denn sie hat die Nutzer wieder wachgerüttelt. Die Medien haben in den letzten Tagen über die Art der Datensammlung von Internetunternehmen aufgeklärt und gut nachvollziehbare Einstellungshinweise gegeben. So etwas bräuchten wir stetig.
Vollkommen recht hat Frau Schön, dass man so etwas bräuchte. Dass es so etwas allerdings an vielen Stellen längst gibt, wie z.B. das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnologie (BSI) sollte ihr als Bundestagsmitglied hoffentlich nicht entgangen sein. Wenn diese Behörde es nicht für notwendig erachtet, über den Schutz vorm Datenkraken Facebook zu informieren, liegt das Problem doch beim Dienstherren, also der Bundesregierung, der sie interessanterweise aktuell angehört.
Aber gerne helfe ich unbürokratisch und völlig kostenlos aus, wie man sich recht effektiv vor Facebook’s Datenhunger schützen kann:
Einerseits liefert der Browser elementare Daten an die besuchten Server, sofern diese Daten auch abgerufen werden. Andererseits sammeln unsichtbar und beinahe unbemerkt kleine Programme, sogenannte Tracker, welche auf den Websites installiert sind, alle relevanten Daten, die das System des Nutzers bereitwillig zur Verfügung stellt. Nicht alle diese Daten kann man gegen Zugriff sichern, denn sonst würde die Verbindung bzw. Interaktion nicht funktionieren. Aber man kann eine Vielzahl an Daten den Datenkraken entziehen.
Kleine Erweiterungen für die Browser, sogenannte AddOns, können das Geschäftsmodell von Facebook & Co. unglaublich be- und verhindern. Mit Ghostery lassen sich jene Tracker quasi ausschalten. Den Erfolg kann man fortan auch verfolgen. In der oberen rechten Ecke der Facebook- Werbeeinblendungen erscheint ein kleines Kreuz, wenn man die Mouse dorthin bewegt. Im zu öffenenden Menü kann man über den Punkt „Warum wird mir das angezeigt?“ erfahren, welche Umstände zu genau dieser personalisierten Werbung führen.
Diese Werbeanzeige wird dir angezeigt, weil xyz Personen im Alter von 18 Jahren und älter erreichen möchte, die in Deutschland sind. Das basiert z. B. auf deinen Facebook-Profilinformationen und deiner Internetverbindung.
Wenn die Ursachenforschung in etwa derart lapidar aussieht, hat man das Geschäftsmodell von Facebook quasi ad absurdum geführt. Im Prinzip offenbart der Datenkrake hiermit, dass ihm kaum mehr als die Profilinformationen des entsprechenden Benutzers zur Verfügung stehen. Zwar ist es laut den allgemeinen Geschäftsbedingungen von Facebook nicht erlaubt, falsche Angaben zur Person zu machen, doch was hindert daran? Schlimmstenfalls läuft man Gefahr, dass man vom sozialen Netzwerk ausgeschlossen würde, was Facebook im eigenen Interesse sicherlich vermeiden möchte. Dass im Beispiel die Altersangabe richtig ist, ist bei diesem weitläufigen Kriterium kaum verwunderlich und besitzt kaum noch Aussagekraft. (Es wurde übrigens das überhaupt älteste Datum dafür eingesetzt, welches möglich ist). Je weniger ehrlich man bei den eigenen Angaben ist, desto ungenauer wird das Benutzerprofil, welches den Marketing- Strategen so wichtig erscheint. Man wird dadurch nicht die Werbung los, aber sie verliert ihre Spezifikation und wird dadurch eigentlich wertlos für die Vermarktung.
Der Standort, also in diesem Fall Deutschland, wird von der IP- Adresse des Gerätes abgeleitet, die dem Provider zugeordnet werden kann. Auch das könnte man umgehen, indem man über einen ausländischen Proxy- Server oder VPN- Server die Verbindung zwischen Browser und jeweiliger Webseite aufbaut. Gibt man bereitwillig seinen Standort an, sind solche Maßnahmen natürlich wirkungslos.
Diese Werbeanzeige wird dir angezeigt, weil wir glauben, dass sie für Personen mit ähnlichen Interessen relevant sein könnte.
Möglicherweise gibt es weitere Gründe, warum dir diese Werbeanzeige angezeigt wurde. Facebook kann bei der Auswahl der dir angezeigten Werbeanzeigen beispielsweise jederzeit Informationen zu deinem Alter, Geschlecht, Standort und zu Geräten, über die du auf Facebook zugreifst, nutzen.
Wenn Facebook vorwiegend solche Gründe wegen der personifizierten Werbung angibt, deutet es darauf hin, dass man dem Datenkraken das Futter weitgehend entzogen hat. Das könnte nachhaltig das Geschäftsmodell von Facebook erschüttern, wenn die Nutzer die Möglichkeiten des eigenen Datenschutzverhaltens ausschöpfen würden. Es könnte sogar weitreichende Folgen für Facebook bewirken, denn welche Werbepartner wollen schon gern teuer für Werbeanzeigen bezahlen, die kaum noch zur Zielgruppe gelangen.
Konsequent wäre natürlich, wenn man auf Facebook komplett verzichten würde und eine weniger datenhungrige Alternative als soziales Netzwerk wählt, welche idealerweise auch deutschem Recht unterstellt wäre. Denn manche Dinge, auf welche man selbst keinen Einfluss besitzt, bleiben erhalten:
Diese Werbeanzeige wird dir unter anderem angezeigt, weil xyz Personen erreichen möchte, deren Freunde seine/ihre Seite mit „Gefällt mir“ markiert haben. Das basiert auf den „Gefällt mir“-Angaben deiner Freunde für Seiten.
Wenn Facebook nicht mehr vom Nutzer selbst die benötigten Daten erhält, wird versucht, über die Vernetzung mit anderen Nutzern einen Zusammenhang herzustellen. Das kann bisweilen peinlich bis irritierend werden. Ebenso kann man auch Werbung erhalten, die für andere Nutzer gedacht war, wenn man zum Beispiel den gleichen Internetanschluss verwendet, der ja eine gemeinsame öffentliche IP- Adresse besitzt.
Die Benutzung von mobilen Endgeräten offenbart übrigens neben dem Anwenderprofil auch noch ein aussagekräftiges Bewegungsprofil.
Anmerkung: Ein weiterer Datenkrake, nämlich Google, steht auch ständig in der politischen Kritik. Auch in diesem Falle gilt, dass man nicht gezwungen ist, diese Suchmaschine zu verwenden. Es existieren durchaus datenfreundlichere Alternativen, ohne dass man entscheidend an Komfort einbüßen müsste:
https://startpage.com
https://duckduckgo.com
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