Wie bislang kein anderes Ereignis spaltete die aktuelle Flüchtlingskrise dieses Land in „besorgte Bürger“ und „Gutmenschen“, so als dürfte dazwischen kein Platz für ein gestaffeltes Meinungsspektrum existieren. Dabei sind es parteipolitische Zwänge, welche verhindern, dass vielfältige Nuancen in der Betrachtungsweise durchaus ihre Berechtigung besitzen.
Sobald Wahlkämpfe bevorstehen, geht bei Politikern der letzte Rest an Rationalität verloren. Plötzlich soll jener Mindestlohn, quasi das einzig verbliebene Erfolgskonzept einer ansonsten an Unfähigkeit implodierten Großen Koalition (CDU/CSU & SPD), zum Integrationswerkzeug abgestumpft werden. Ein derart wenig durchdachter Plan befördert lediglich Existenzängste bei Arbeitnehmern hervor, welche ohnehin die prekären Beschäftigungsverhältnisse ausfüllen. Damit wird ohne Not ein Konkurrenzkampf im Niedriglohnsektor befeuert. Augenscheinlich haben selbst die Initiatoren aus der CDU- Führungsriege ihren eigenen Blödsinn erkannt und diesen Vorschlag wieder entschärft oder aber auch nur auf die heftige Reaktion der SPD reagiert.
Die Fraktion „Wir schaffen das“, also die Merkel- CDU, möchte den Familiennachzug von Flüchtlingen drastisch reduzieren. Der eigentliche Grund hierfür wird natürlich nicht genannt. Denn nach einer an sich lobenswerten Willkommenskultur wurden die Kapazitätsgrenzen erreicht. Die Behörden waren und sind hoffnungslos überfordert. Solche Massen an Menschen wie sie seit Herbst 2015 nach Deutschland strömen, können logistisch und gesellschaftlich schlichtweg nicht in angemessener Zeit versorgt werden. Das eigentliche Problem ist der Ressourcenmangel, besonders im personellen Bereich bei Polizei und anderen staatlichen Institutionen, was einer jahrelangen Sparpolitik geschuldet ist. Weniger der Aufprall verschiedener Kulturen befeuert den Zuspruch rechtspopulistischer Brandstifter, sondern der desaströse Umgang der etablierten Parteien unisono mit den neuen Problemen.
Flüchtlinge sind keine schlechteren Menschen als die einheimische Bevölkerung. Die Zahl an Straftaten erhöht sich im Verhältnis zum Gesamtaufkommen unbedeutend. Flüchtlinge sind eine Bereicherung, insbesondere als Fachkräfte für einen Arbeitsmarkt mit Mangelerscheinungen. Flüchtlinge besitzen einen hohen Bildungsgrad und entschärfen ein kollabierendes Rentenproblem, was der demographische Wandel dieser überalterden Gesellschaft bescheren wird. Es werden etliche Gründe ins Feld der Argumente geführt, obgleich diese nach menschenrechtlichen Gesichtspunkten eigentlich unerheblich wären. Da spielt es inzwischen eine nebensächliche Rolle, dass jene Argumente zumindest durch die Realität deutlich ausgebremst wurden. Denn nur ein geringer Teil der Neubürger wird als Fachkraft den deutschen Arbeitsmarkt erobern. Der überwiegende Anteil der Migranten versinkt in den Auffangsystemen unseres Sozialstaates. Anstatt langfristig die Rentenlücke schließen zu können, werden kurz- und mittelfristig die Sozialsysteme an ihre Belastbarkeitsgrenzen gepresst. Die Solidargemeinschaft muss zusätzlich Leistungen erbringen. Und wer heute seinen Beitrag zu dieser Gesellschaft leistet, kann im Rentenalter nicht mehr darauf hoffen, noch würdevoll den Lebensabend verbringen zu können. Zweifelsohne sind es Ängste und Befürchtungen, die sich in allen Bevölkerungsschichten unterhalb der Elite an Superreichen manifestieren. Die Kluft zwischen arm und reich, welche ja beständig auseinander driftet, bereitet wenig Frohsinn bei solchen Perspektiven und belegt ein Versagen der Sozialpolitik der vergangenen Jahrzehnte.
Es ist geradezu ein bestelltes Feld für Hetzer und Rassisten, deren ideologische Abgründe tiefer nicht sein könnten. Wenn die Schafe sich der Obhut des Schäfers entziehen und Schutz beim Wolf suchen, muss der Schäfer seine Sorgfaltspflicht schon heftig vernachlässigt haben…
Immer mehr Leute erkennen in einer desolaten Flüchtlingspolitik auch ein Versagen jenes Rechts- und Sozialstaates, der im weltweiten Vergleich beeindrucken konnte und man sichtlich stolz darauf sein durfte. Doch wenn die eigentliche Solidargemeinschaft selbst immer weniger diese Solidarität erfährt, muss etwas gewaltig schief laufen. Wenn Parksünder härter bestraft werden als Vergewaltiger und Arbeitnehmer nach 40 Berufsjahren auf dem gleichen Lebensniveau verharren wie illegale Migranten, bekommt der Begriff „Sozialneid“ eine andere Aussagekraft.
Weder die Flüchtlinge, welcher vor Krieg und Verfolgung Schutz und Hilfe suchen, noch jene mit Argwohn beäugten illegalen Migranten, die vielmehr vor Elend und Perspektivlosigkeit ihre Heimat verlassen, sind schuld an einer desolaten Politik und an behördlichem Versagen.
Es sind die kleinen Randnotizen, die in den Mainstreammedien kaum Beachtung finden, welche ganze Gesellschaftsschichten in Zorn versetzen. Auf behördliche Anordnung werden Asylbewerber per Taxi auf Staatskosten zu Arztbesuchen chauffiert, während anderen Bedürftigen eher selten solche Premiumleistungen zu Teil werden. Die Begründung behördlicher Seite, dass man wegen fehlender Sprach- und Ortskenntnisse jener Asylsuchenden die Termine in den Arztpraxen sicherstellen wollte, stößt auf wenig Verständnis bei Rentnern. Wenn Migranten straffällig wurden und diese Vorkommnisse inzwischen hochsensibel von Ermittlern wie Medienvertretern behandelt werden, spielt die Herkunft offensichtlich eine wesentlichere Rolle als noch vor Jahren. Es ist für viele Leute schier unbegreiflich, dass traumatisierte Menschen im Zufluchtsland selbst gewalttätig werden und somit ein vorausgesetztes Gastrecht missbrauchen. Pauschalisierungen zerstören jede vernünftige Auseinandersetzung und werden gern von Rechtspopulisten mit manipulierten oder gar erfundenen Geschichten zusätzlich befeuert.
Es ist übrigens keine Einschränkung des Rechts auf Meinungsfreiheit, wenn Hetzparolen und Beleidigungen nicht geduldet werden. Einem Großteil der Bevölkerung, welchem über das Internet die Partizipation am politischen Geschehen ermöglicht wurde, ist offensichtlich noch nicht intellektuell soweit befähigt, an einer vernünftigen Debattenkultur teil zu nehmen. Wer sachlich die Flüchtlingspolitik kritisiert, ist noch lange kein Pegida- Sympathisant oder gar Nazi. Wer andererseits Verständnis für fremde Menschen aufbringt und Hilfsbereitschaft signalisiert, ist auch nicht gleich ein linksgrünversiffter Gutmensch. Dort wo die Fronten in vulgären Verbalschlachten aufeinander treffen, werden keine Lösungen gefunden. Irgendwo gibt es hoffentlich noch jene Menschen, die sich kompromissbereit an den Nahtstellen zwischen den Extremen begegnen und den Rest der Nation von einer Sachlichkeit begeistern können, ohne welche eine Lösung gar nicht möglich sein wird.
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Gespaltenes Deutschland
16. Februar 2016Der Spion, der uns liebte…
3. Juli 2013Edward Joseph Snowden wird in manchen Medien als Geheimnisverräter und Staatsfeind der USA dramatisiert. Der ehemalige NSA- Mitarbeiter veröffentlichte brisante Daten, die eine unvorstellbar exzessive Bespitzelung fast aller Erdenbürger durch jenen amerikanischen Geheimdienst enthüllte. Das digitale Spionageprojekt avanciert unter dem Namen PRISM inzwischen zum größten Abhörskandal aller Zeiten und lässt die ehemalige StaSi (Staatssicherheitsdienst) aus Zeiten des kalten Krieges jämmerlich erscheinen. TEMPORA ist ein weiteres staatliches Schnüffelprojekt, wobei der britische Geheimdienst mit der NSA (National Security Agency) vorranging beim Anzapfen von Glasfaserkabeln kooperiert. Anhand dieser Daten lassen sich erstaunlich genau Verhaltensmuster von beliebigen Menschen erstellen. Eine amerikanische Kaufhauskette konnte allein mit den rudimentär zur Verfügung stehenden Daten ihrer Kunden mit einer Zuverlässigkeit von 80% feststellen, ob eine Schwangerschaft vorlag und sogar relativ genau den möglichen Entbindungstermin vorhersagen. Das gern verwendete Null- Argument „Ich habe ja nichts zu verbergen“ sollte spätestens jetzt als Ausrede für eine naive Bequemlichkeit im persönlichen Konsumverhalten ausgedient haben. Da wurde unlängst eine junge Deutsche von der amerikanischen Einreisebehörde abgewiesen, weil sie per Facebook über ihren Amerika- Trip samt Au- Pair Job erzählte, welcher offensichtlich als kommerzielle Tätigkeit nicht angegeben war. Gegen die staatlichen Schnüffelprojekte wirkt solches Data- Mining beinahe schon lächerlich.

Quelle:
http://blog.rebellen.info
Herr Snowden erwies der Menschheit ohne kommerzielle Absichten einen ungeheuer selbstlosen Dienst, was ihn eigentlich zum nächsten Friedensnobelpreisträger qualifizieren würde. Stattdessen wird er wie ein Schwerverbrecher von den USA verfolgt. Die Frage muss erlaubt sein und richtet sich nach dem Blickwinkel des Betrachters, wer denn nun eigentlich gut oder böse ist. Wenn eine Staatsmacht entgegen der eigenen Verfassung die Grundrechte der eigenen Bürger verletzt und dieser Freveltat überführt wird, klingt der plumpe Versuch, den mutmaßlichen Whistleblower als Verbrecher zu denunzieren, wie die Ausrede des Samenraubes eines berühmten Tennisspielers in der Besenkammer.Seit dem 2. Juli 2013 schäme ich mich erstmals, Deutscher zu sein. Ein Asyl- Antrag jenes Helden für die Freiheit wurde nämlich von Deutschland wegen juristischer Spitzfindigkeiten sehr zügig abgewiesen. Zwar existiert sowieso ein Auslieferungsabkommen zwischen Deutschland und den USA, welches für Ed Snowden zu einem kaum zu kalkulierbaren Risiko geworden wäre, aber die deutschen Behörden suchten und fanden schließlich formale Gründe für die Ablehnung. Es besteht die begründete Gefahr um Leib und Leben eines Menschen und keine Regierung dieser Welt möchte ihm helfen. Die Krawattenträger aller Nationen demonstrieren eindrucksvoll ihren Kniefall vor der Obama- Administration, der scheinheiligen Machtkonzentration des demokratischen Selbstverständnisses in der westlichen Hemisphäre unseres Planeten. Demokratie ist zur Definition dessen verkommen, was die Mächtigen dieser Welt darin erkennen, ihre Ziele verfolgen zu können.
Ausgerechnet die glamouröse Traumfabrik in Hollywood produziert gerne Leinwandhelden, die viel zu oft unsere Welt retten und böse Diktatoren besiegen sowie Schurkenstaaten unter dem Joch von Stars & Stripes begraben. In unserer Realität bleibt davon nichts übrig. Ein Edward Snowden, welcher uns allen die Fratze des Überwachungswahnsinns vors Gesicht projizierte, wird keiner lebenswerten Zukunft entgegen blicken dürfen.
Wenn deutsche Regierungspolitiker wie Wolfgang Bosbach (CDU) einen Edward Snowden öffentlich als gesuchten Verbrecher nach amerikanischer Definition bezeichnen, verliere ich den Glauben an Gerechtigkeit in unserem Land. Während zunehmend die Spionageaffäre auf die Person Edward Snowden fokussiert wird, rückt der eigentliche Skandal immer weiter aus dem Scheinwerferlicht. Schließlich sind es staatliche Behörden, die abseits jeglicher Rechtsstaatlichkeit Daten von unzähligen Personen sammeln und auswerten. Nicht selten können diese Daten manipulativ eingesetzt werden, um politische und wirtschaftliche Entscheidungen nach eigenen Vorstellungen herbei zu führen. Sogenannte Algorithmen bestimmen, ob eine Person als potentiell verdächtig eingestuft wird. Bereits dieser Blogartikel könnte ausreichen, dass man mir die Einreise in die USA verweigern könnte oder mich zumindest in der Rangliste der observierten Netzaktivisten um einige Plätze nach vorne klettern lässt. Es sind jene mutigen Whistleblower, die uns jene Demokratie erhalten wollen, welche zunehmend entstellt wird.
Und als das alles nicht schon schlimm genug wäre, kommt unser Pfarrer der Nation alias Bundespräsident Joachim Gauck daher und relativiert die gigantischen Spähaktionen des digitalen Zeitalters mit den Totholz- Akten seiner ehemaligen StaSi- Aufbereitungsanlage, welche typischerweise als Gauck- Behörde in die Geschichte eingegangen ist. Es sollte ihm doch bitte jemand erzählen, dass all seine gesammelten Daten, die dort in vielen Regalreihen vor sich hin stauben, auf einer einzigen handelsüblichen Festplatte Platz finden würden. Das schafft PRISM in verregneten Zeiten binnen eines Tages. Dass unser „Grüß Kasper“ keinen blassen Schimmer von Datenvolumina besitzt, wäre nicht weiter tragisch, würde er nicht auch noch die inhaltliche Brisanz der Datensammlung herunter spielen. Seine Kompetenz als einstiger Bürgerrechtler dürfte damit in arge Bedrängnis geraten sein…
Ich verneige mich vor Ed Snowden, Julian Assange, Bradley Manning und den hoffentlich vielen, die noch folgen mögen…