Posts Tagged ‘Agenda 2010’

Wir schaffen das (nicht allein)!

25. Januar 2016

Selbst Österreich hat politisch aktuell eine Obergrenze eingeführt, um den Flüchtlingsstrom begrenzen zu wollen. Ob das praktisch gelingen wird und wie man reagiert, wenn das Kontingent erreicht wird, will niemand der Verantwortlichen konkret erklären. Die Balkanstaaten haben sich gegenseitig eingezäunt, wodurch das fiktive Flussbett des Flüchtlingsstroms kanalisiert wurde. Die Skandinavier haben immerhin wieder Grenzkontrollen eingeführt, um die unkontrollierte Einwanderung in der Griff zu bekommen.

Frau Merkels historisches Statement (Wir schaffen das) reduziert sich zunehmend auf Deutschland, während sich die europäische Staatengemeinschaft in einen Nationalismus zurück katapultiert, der eher an den Beginn des 20. Jahrhunderts erinnert. Das Abkommen von Schengen, was Reisefreizügigkeit innerhalb der EU als eine wesentliche Säule des europäischen Staatenkollektivs symbolisierte, droht ein unrühmliches Ende.
Die EU profiliert sich als zahnloser Tiger bei der Bewältigung der größten Flüchtlingskrise seit ihres Bestehens. Ausgerechnet Mitgliedsstaaten wie Polen und Ungarn, die gerne an den Vorzügen der europäischen Staatengemeinschaft partizipieren, wollen nicht begreifen, dass auch bei einem Solidarprinzip gelegentlich Verpflichtungen zu erfüllen sind. Einen gerechten Verteilungsschlüssel für Flüchtlinge in der EU umzusetzen, erweist sich komplizierter als seinerzeit die Mondlandung mit antiquierten Techniken, welche heute jedes Smartphone mit Leichtigkeit erbringen kann.

Aber auch die Bundesregierung und speziell Bundeskanzlerin Angela Merkel haben durch zu leichtfertiges und eigenmächtiges Handeln eine unkontrollierte Einwanderung in die EU und insbesondere nach Deutschland befördert. Der Vorwurf, das Dublin- Abkommen unterlaufen zu haben, muss sich Frau Merkel gefallen lassen. Dadurch wurde die sogenannte Balkanroute quasi zur Nonstop- Transitstrecke nach Österreich und Deutschland. Wie naiv muss man sein, zu glauben, dass die ausgesprochene Einladung der Bundeskanzlerin gegenüber allen Flüchtlingen nur bei jenen ankommen würde, die auch einen solchen Anspruch nach deutscher Asylgesetzgebung in Kombination mit der Genfer Flüchtlingskonvention besitzen?
Der sogenannte Rechtsruck in der Bevölkerung, womit man stets vom biederen Kleinbürger bis hin zum gewaltbereiten Neonazi alle berechtigten sowie unberechtigten Zweifler an dieser Flüchtlingspolitik in einer braunen Ideologiesoße verrührt, ist mindestens so pauschalisierend wie der gebetsmühlenartige Vorwurf des Generalverdachts von Flüchtlingen, wenn Straftaten aus diesem Umfeld bekannt werden.

Das Totalversagen der Bundesregierung findet seinen Ursprung nicht in der aktuellen Flüchtlingskrise, sondern reicht mindestens bis auf die Umsetzung der Agenda 2010 zurück. Seit Jahrzehnten konnte das Gefälle zwischen arm und reich nicht vermindert werden, sondern wurde sehr bewusst noch verstärkt. Sparmaßnahmen im öffentlichen Dienst rächen sich inzwischen deutlich sichtbar. Ebenso ist ein aufgezwungener Sozialabbau gegenüber der Bevölkerung nicht mehr vermittelbar, wenn nun plötzlich für die Neuankömmlinge die Geldquellen sprudeln und sogar die EU sich von der Türkei gegen eine Schutzgebühr von 3 Milliarden Euro erpressen lässt, die Flüchtlinge nicht mehr in die EU einreisen zu lassen.
Man muss kein Hellseher oder Prophet sein, um zu behaupten, dass die Finanzierung dieser gewaltigen Kosten jener desolaten Flüchtlingspolitik irgendwie generiert werden müssen. Wenn man noch vor einem halben Jahr Steuererhöhungen erwähnt hatte, wurde man belächelt und als Dummschwätzer tituliert. Inzwischen hört man von den energischsten Verfechtern solcher Maßnahmen, auch vom „Schwarznullminister“ Schäuble moderatere Töne. Ehrlichkeit hätte so manchem Regierungsvertreter besser gestanden als jene Heuchelei, welche nicht länger verborgen gehalten werden kann…

Die Renten sind sicher unsicher!

4. September 2012

Dieser historische Satz (Die Renten sind sicher) bescherte dem ehemaligen Arbeitsminister Norbert Blüm (CDU) unfreiwillig traurigen Ruhm. Aktuell will die gescheiterte ehemalige Familienministerin Ursula von der Leyen (CDU) als Arbeitsministerin bereits Punkte für die Bundestagswahl 2013 sammeln. Mit einem Zuschuss- Rentensystem will sie Altersarmut bekämpfen. Sie muss die Rentner und jene, die es in absehbarer Zeit sein werden, als völlig unzurechnungsfähig halten, indem sie ernsthaft ein derart unausgegorenes Konzept vorlegt, wovon nur ein geringer Teil der Betroffenen profitieren würde. Durch die Presse geistert seither das fiktive Bruttogehalt von 2500€, welches nach 35 Arbeitsjahren gerade noch eine Rente in Höhe des Grundsicherungsbetrages von 688€ verspricht, also knapp über dem aktuellen Hartz- 4 Satz angesiedelt sein wird. Neben den mindestens 35 beitragspflichtigen Jahren existiert ein zweites Kriterium, um Anspruch zu erlangen. Eine zusätzliche private Altersvorsorge muss nachgewiesen werden, um im Falle eines Rentenanspruchs unterhalb des Grundsicherungsbetrages diese Zusatzunterstützung zu erhalten. Das Konzept von Frau Dr. von der Leyen entpuppt sich bereits zu Beginn als purer Aktionismus.

Das marode Rentenversicherungssystem entspringt ja nun wirklich nicht plötzlich den überforderten Hirnen unserer Politelite, sondern hat sich bereits zu Schröders Kanzlerschaft und der berüchtigten Agenda 2010 in so manch Langzeitgedächtnis eingebrannt. Mit Placebo- Aktionen, wie einer faktischen Rentenkürzung in Form der Verlängerung des Renteneintrittsalters von 63 auf 67 Jahren, wollte man den sprichwörtlichen Tropfen auf den heißen Stein in sandigem Untergrund konservieren. Das Renteneintrittsalter ist ohnehin eine völlig absurde Idee, da man unterschiedliche Erwerbstätigkeiten allein anhand ihrer körperlichen Erfordernissen gar nicht vergleichen kann.

Das Modell eines Grundeinkommens, wie es die Piratenpartei gerne evaluiert sehen möchte, mal von der eingeforderten Bedingungslosigkeit abgekoppelt, könnte durchaus dem längst überfälligen Paradigmenwechsel eine Richtung verleihen. Die Abkehr von einem System, wo beispielsweise Parlamentariern oder Beamte ohne eigene Einbindung in das so gerne erwähnte Solidaritätsprinzip ein höherer finanzieller Ruhestandsanspruch zugestanden wird, muss endlich ausgedient haben. Von welcher Solidaritätsgemeinschaft redet eigentlich unsere gesellschaftliche Elite, wenn sie vom Prekariat Opfer abverlangt, welche sie selbst nicht zu leisten gewillt ist?

Dass immer noch die sogenannte Riester- Rente als vertrauenswürdige Altersversorgung vermarktet werden darf, schürt die nicht unberechtigte Vermutung vieler Kritiker, dass die private Versicherungsbranche zur Melkmaschine der nicht nur für dumm verkauften Bevölkerung zum einzigen Schmarotzer eines perfiden Spiels gemacht wurde.

Glücklicherweise existiert ja schließlich noch der demographische Wandel in unserer Gesellschaft. Immer weniger Beitragszahler müssen zukünftig für immer mehr Rentner die Beiträge zahlen. Einen Generationenvertrag verwandelte man durch entsprechend angereicherte Diskussionen zu einem Generationenkonflikt. Das bestehende Establishment besitzt nicht das geringste Interesse, ein System so zu verändern, dass es dem eigenen Vorteil entgegen wirkt. Alle Reformbemühungen skizzieren Scheingefechte in einer entmilitarisierten Zone, denn die Verlierer innerhalb einer solidarischen Reform wären die Gewinner im jetzigen System. Minijobs und Niedriglöhne beschönigen lediglich die aktuelle Statistik des Arbeitsmarktes, bereiten aber den Einstieg in die Altersarmut vor. Solange unsere Regierung, wer immer dies auch gerade sein mag, sich einer Reform verweigert, wird sich die Armutsspirale immer weiter in kritische Bereiche drehen.

Ich bin kein Experte, mein gesunder Menschenverstand jedoch, den ich noch zu besitzen glaube, flüstert mir, dass ein gerechtes Sozialsystem irgendwie anders aussehen sollte…


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