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Wenn die politische Alternative in die Sackgasse führt…

15. März 2016

Die Alternative für Deutschland (AfD) marschiert mit braunen Stiefeln und offenem Rassismus quer durch die Republik geradewegs in die Parlamente. Einzig mit einem bissigen Affront gegen die zugegebenermaßen desaströse Flüchtlingspolitik der Bundesregierung rekrutiert diese Partei ihre Wähler. Die einstigen Euro- Kritiker verwandelten sich in Islam- Kritiker. Der Erfolg basiert lediglich auf einer breit angelegten Hetzkampagne gegen das Establishment. Rechtsextreme, die schon immer das bestehende System als Feindbild betrachteten sowie fast alle Facetten unzufriedener Menschen konnten mit einfachen Parolen politisch eingesammelt werden. Das war nicht schwer, weil die etablierten Parteien schon lange ihre Bodenhaftung verloren hatten und die Sorgen der Menschen ignorierten.

Die AfD ist spätestens im März 2016 im Politikbetrieb angekommen. Zumindest wenn die Wähler dieser als rechtspopulistisch beschriebenen Partei den Entwurf des Grundsatzprogrammes gelesen und idealerweise verstanden hätten, könnten sie erahnen, wohin die Reise gehen sollte. Abgesehen von umfassender Kritik am Flüchtlingsmanagement der Bundesregierung erhält man von der AfD allerdings auch keine eigenen Lösungsansätze. Brisanter stellen sich diverse Passagen in diesem Pamphlet dar:

Demokratie: Volksabstimmungen. Nach Schweizer Vorbild.

Was die AfD für die Entscheidungsfindung für die gesamte Republik anstrebt, setzt diese Partei innerparteilich selbst nicht um. In der Bundessatzung der AfD §11 bekennt sich die Partei zum üblichen Delegiertensystem. Wer sich bereits mit direkter Demokratie beschäftigt hat, kennt jene organisatorische Herausforderung. Die AfD beschreitet allerdings die gleichen Wege wie die meisten etablierten Parteien auch. Eine Partizipation an politischen Prozessen innerhalb der Partei bleibt 600 Delegierten vorbehalten.

Staat: Stark in den Kernkompetenzen. Für den Bürger.

Zumindest als ambitioniert darf man diese Passage im Grundsatzprogramm bezeichnen. Dort sollen alle hoheitlichen Aufgaben, abgesehen von Innerer und äußerer Sicherheit, Justiz, Auswärtiger Beziehungen und der Finanzverwaltung privatisiert werden. Soweit neoliberal würde sich nicht einmal die FDP aus dem Fenster lehnen.

Steuern: Gerecht durch AfD-Stufentarif. Grundfreibetrag erhöhen.

Zumindest die Überschrift erinnert an ein Angebot eines Versicherungsunternehmens. So unverständlich wie Versicherungsverträge klingt auch diese Steuerreform der AfD. Die Abschaffung der kalten Progression würde ja noch bei Normalverdienern weitgehend positive Auswirkungen zeigen. Jedoch wie die AfD das verwirklichen möchte, ist verwirrend. Begriffe wie „rechtsformneutrale Besteuerung“ und „identische Ertragssteuerbelastung“ lassen vermuten, dass vorwiegend Unternehmen steuerlich entlastet werden sollen.

Familie: Keimzelle unserer Gesellschaft. Unter dem Schutz des Grundgesetzes.

Zusammengefasst will die AfD die traditionelle Familie in Form von Vater, Mutter, Kind(er) als einzig unterstützungswürdiges Familienkonzept etablieren. Alleinerziehende sowie andere Familienmodelle sollen bestenfalls geduldet werden, aber keineswegs staatliche Unterstützung erfahren. Man kann sogar herauslesen, dass die Frau wieder vermehrt für den Haushalt zuständig sein soll.

Innere Sicherheit: Polizei stärken. Strafjustiz verbessern.

Beängstigend wirkt insbesondere die Forderung, das Strafmündigkeitsalter auf 12 Jahre zu senken. Also Kinder ab diesem Alter müssen für ihre Taten mit Haftstrafen rechnen, anstatt dass die Erziehungsberechtigten die Verantwortung zu übernehmen hätten.

Untersuchungshaft für Beschuldigte von rechtswidrigen Taten soll bei dringendem Tatverdacht schon möglich sein. Das bedeutet im Umkehrschluss, die Unschuldsvermutung soll abgeschafft werden.

Auf die Programmatik zur Asylpolitik wird an dieser Stelle nicht eingegangen. Kurios ist jedoch, dass die AfD einer bestimmten Religion im Grundsatzprogramm eine Passage widmet:

Islam: Gehört nicht zu Deutschland.  

Der Einfluss von PEGIDA ist nicht zu leugnen. Die Passage ist jedoch hanebüchen und bietet lediglich den patriotischen Spaziergängern dieser islamfeindlichen Bewegung eine programmatische Heimat an.

Klimaschutzpolitik: Irrweg beenden. Umwelt schützen.

Kohlendioxid ist laut AfD nützlich für die Umwelt und keineswegs für den Klimawandel verantwortlich. So könnte man kurz und bündig die Klimapolitik der AfD auf das Wesentliche reduzieren.

Erneuerbare-Energien-Gesetz: Abschaffen. Nicht reformierbar.

Es würde den Rahmen sprengen, wenn man diese Passage im Grundsatzprogramm auseinander nehmen würde. Wissenschaftliche Fakten werden ignoriert und einzig die Lobbyisten von Atom- und fossiler Energieträger sollen bedient werden.

Steuerrecht: Familiensplitting ja. Erbschaft- und Gewerbesteuer nein.

Die Erbschafts- und Gewerbesteuer soll nach Auffassung der AfD ersatzlos gestrichen werden. Davon profitieren ausschließlich Unternehmen und reiche Leute. Der oft skandierte Schlachtruf „Wir sind das Volk“ verstummt an dieser Stelle jäh.

Soziale Sicherheit in Not und Alter

Das bisherige Solidaritätsprinzip soll komplett als Notsystem umfunktioniert werden. Die Altersvorsorge soll privatisiert werden. Nur in absoluten Notfällen soll der Staat eingreifen, wobei Familien mit Kindern allen anderen Lebensmodellen gegenüber deutlich bevorzugt werden sollen. Wie das detailliert funktionieren soll, erfährt man im Grundsatzprogramm der AfD nicht.

Arbeit: ALG I maßgeschneidert.

Die AfD will auch das Arbeitslosengeld 1 als staatliche Leistung abschaffen und privatisieren. Betroffene müssen sich vorher entweder etwas angespart oder eine private Vorsorge getroffen haben.

Aktivierende Grundsicherung: Arbeit, die sich lohnt. Anstatt ALG II.

Eigentlich macht diese Passage die vorherige über ALG I überflüssig. Denn jeder, wobei das nicht definiert wird, soll eine Grundsicherung erhalten. Bei Arbeitnehmern mit zusätzlichem Verdienst soll sich die Grundsicherung mit wachsendem Verdienst reduzieren. Das Modell wirkt irgendwie unausgereift.

Rente: Kinder und Erziehung berücksichtigen. Flexibilität im Alter.

Die Anzahl der Kinder und die Erziehungsjahre sollen sich positiv auf die Rentenbezüge auswirken. Wie die Rücklagen der Renten gebildet werden, bleibt ungeklärt und erscheint abenteuerlich, wenn man die Punkte zum staatlichen Sozialwesen zusammenfassend betrachtet.

Unfall: Flexiblere Lösungen finden.

Gesetzliche Unfallversicherungen sollen abgeschafft werden und durch private Angebote ersetzt werden. Auch hier lohnt sich der Blick zurück auf andere Punkte in diesem Grundsatzprogramm.

Viele staatliche Sozialleistungen sollen privatisiert werden und gleichzeitig will man eine Grundsicherung einführen. Arbeitnehmer müssen hingegen ihre Sozialvorsorge beinahe komplett allein finanzieren, sollen aber das System der Grundsicherung finanzieren. Da drängen sich Widersprüche regelrecht auf.

Pflege: Die Familie nicht länger benachteiligen.

Auch im Pflegebereich soll weitgehend die Familie selbstverantwortlich Pflegebedürftige versorgen. Die Widersprüche im Grundsatzprogramm werden immer eklatanter. Nach der Vorstellung der AfD wird kaum noch ein Arbeitnehmer seine Familie versorgen können, wenn sein Arbeitslohn nicht utopisch ansteigen sollte.

Das Grundsatzprogramm der AfD katapultiert unsere Gesellschaft mindestens zum Anfang des 20. Jahrhunderts zurück. Die Idee, dass Großfamilien sich weitgehend autark versorgen und ein Familienmitglied mit seinem Einkommen den Lebensstandard sichert, ist weder zeitgemäß noch realisierbar. Der Sozialstaat nach derzeitigem Solidaritätsprinzip würde nicht mehr existieren. Gerade eine Vielzahl der AfD- Wähler profitieren vom aktuellen Sozialprinzip. Genau genommen könnten sich die als Feindbild auserkorenen Migranten eher mit einem Modell nach Art der AfD arrangieren, so denn sie als deutsche Staatsbürger hier noch leben dürften.

Quelle: AFD-Grundsatzprogrammentwurf

Warum ist die Lügenpresse eine Lügenpresse?

2. November 2015

Nicht nur im direkten Umfeld von Pegida (Patriotische Europäer gegen die Islamisierung des Abendlandes) oder der AfD (Alternative für Deutschland) hört man den abfällig klingenden Begriff Lügenpresse wie das Mantra der jeweiligen Veranstaltung aus der Menge erklingen. Weil die Medien nicht das berichten, was die Anhänger dieser politischen Kaste hören und sehen wollen, werden sie als sogenannte Lügenpresse geschmäht. Die Wahrheit ist einzig und allein, was der eigenen Ideologie entspricht.

Ein Beitrag vom ZDF Morgenmagazin von der AfD- Demo in Erfurt Ende Oktober 2015 bietet sich an, um den Vorwurf zu analysieren, inwieweit eine Beschimpfung mit einem durchaus so brandmarkenden Begriff gerechtfertigt ist. Moderatorin Dunja Hayali interviewte Teilnehmer vor Ort. Zunächst wird davon ein Bericht ausgestrahlt, der die Aussagen der befragten Menschen in knapp 4 Minuten komprimiert:

 

Mit etwa 26 Minuten erhält man später in einer nicht geschnittenen Version ungefiltert die Interviews.

 

Ab Minute 00:35 kommt ein Herr zu Wort, der in der Kurzfassung überhaupt keine Berücksichtigung findet. Er schildert sehr unaufgeregt und nachvollziehbar seine Sorgen und Ängste. Ob man seine Ansichten über eine mögliche Invasion des Islam teilt oder nicht, repräsentiert er dennoch eher den Querschnitt vieler Menschen in Deutschland. Seine Argumentation lässt sich nicht als völlig unbegründet abweisen, indem er behauptet, dass ständig auf der Welt im Namen des Islam gemordet wird. Das mag nicht der wahren Lehre des Islam entsprechen, dennoch ist es nicht weg zu diskutieren, dass islamistischer Terrorismus existiert und auch eine bedeutende Rolle im Gesamtaufkommen von Terrorismus einnimmt. Auf das Gegenargument von Frau Hayali, dass heutzutage selbst im Namen des Christentums Morde passieren, hat er eine moderate Antwort geben können:

Wenn ein Christ mordet, der beruft sich nicht auf die Bibel, aber diese islamischen Mörder oder Terroristen berufen sich auf ihren Koran, ihre Bibel.

Nun hat das ZDF bzw. das Morgenmagazin nicht gelogen, allerdings das wohl interessanteste Interview schlichtweg unterschlagen, wenn wie gewöhnlich nur eine Kurzzusammenfassung der Geschehnisse veröffentlicht wird. Diese Erkenntnis bleibt und besitzt einen Hauch von Manipulation. Denn allein durch das Weglassen des vernünftigsten Interviews schlechthin wirken alle anderen naturgemäß aggressiver und unbegründeter in ihrer Argumentation.

Ab Minute 04:37 kommt eine Person zu Wort, deren Beitrag in der Kurzfassung auf Aussagen zurecht geschnitten wurde, dass der Herr, reduziert auf diese Teilaussagen, wie ein Hetzer und Volltrottel erscheint. Wer sich dann später im TV so wiederfindet, wird sich wohl kaum darüber freuen, als Idiot der Nation dargestellt worden zu sein. Ist es nicht auch eine Art der Lüge, wenn man wesentliche Teile der Berichterstattung unterschlägt?

Ich krieg 500€ Rente und so ein Muslim kriegt 670…

Eine Dame (Minute 16:15) beschwert sich massiv und aufgeregt und skandiert mehrfach ihren Hass. Dass ihr Neid auf Flüchtlinge unbegründet ist, weil sie fälschlicherweise glaubt, dass sie weniger Rente erhalten würde als muslimische Flüchtlinge, wird leider nicht richtig gestellt. Den Betrag von 670€ erhalten die Kommunen vom Bund als Zuschuss für die Komplettbetreuung eines Flüchtlings. Ein erwachsener Single erhält 143€ im Monat, was allerdings noch stärker als bisher in Sachleistungen erfolgen soll.

Ab Minute 19:00 kommen erneut in der Langfassung 2 Frauen zu Wort, die sich keinesfalls rechtspopulistisch äußern. In der Kurzfassung fehlen typischerweise ausgerechnet diese beiden Interviews. Das ist manipulative Berichterstattung. In der Kurzfassung werden nur Szenen berücksichtigt, welche den Eindruck erwecken, dass alle Teilnehmer an dieser Demo eine deutlich rechtspolitische Einstellung besitzen würden. Das ist unausgewogen.

Einen weiteren Beweis für manipulative Berichterstattung lieferte das ZDF zur Ukraine unter anderem hiermit:

Manipulationsmedien versus Lügenpresse

Es liegt also zum großen Teil an den Medien selbst, wie sie wahrgenommen werden. Die Menschen möchten keine vorgekauten Nachrichten mehr, sondern eine umfangreiche und ausgewogene Berichterstattung. Zu oft werden wichtigen Nachrichten zu wenig Sendezeit zugestanden, während allerlei dumpfer Quatsch über alle Kanäle hinweg die Menschen berieselt.

Dumm, dümmer, Pegida?

23. September 2015

Nicht völlig ohne Absicht ähnelt die Überschrift einer sogenannten Steigerung. In der deutschen Grammatik wird hierbei zwischen dem Ursprungsadjektiv, dem Komparativ und dem Superlativ differenziert. Da nun der Begriff Pegida eben kein Adjektiv darstellt, sondern es sich um ein Kunstwort als Abkürzung für Patriotische Europäer gegen die Islamisierung (des) Abendlandes handelt, ist es auch faktisch keine Steigerungsform. Dennoch wollen sich einige politisch motivierte Spaziergänger keineswegs davon abhalten lassen, sich lernresistent der Öffentlichkeit anzubieten. Der wiederholte grammatikalische Supergau eines Kommentators zu einem Pegida– Artikel bei Facebook  besitzt derweil exhibitionistische Züge:

Quelle: Facebook

Quelle: Facebook

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Quelle: Facebook

Anstatt auf die eigentlich guten Ratschläge anderer Kommentatoren zu hören, das peinliche Bild zu löschen, versucht der Künstler des ansonsten ohnehin fragwürdigen Plakats seine Fehler mehrfach zu korrigieren. Trotz massiver Hilfestellung will es ihm jedoch nicht gelingen. Der Leitsatz selbst ist dermaßen sinnfrei, dass man ihn eigentlich gar nicht korrigieren könnte. Man darf konstatieren, dass ein sogenannter „Besserdeutscher“, der offenkundig mit dem rechtspopulistischen Spektrum mindestens sympathisiert, der deutschen Sprache in Wort und Schrift nicht mächtig ist. Auch darf es ebenfalls als Nachweis gewertet werden, dass Menschen mit rechter Gesinnung oftmals unterhalb des durchschnittlichen Bildungsniveaus ihre Lebensrealität finden. Allein aus pädagogischer Sicht ist die Vorstellung  beängstigend, solche Personen müssten größere Verantwortung tragen als das Binden der eigenen Schnürsenkel.

Während jenes orthographische Feuerwerk durchaus amüsanten Unterhaltungswert erzeugen konnte, besitzt der thematische Kontext allerdings Brisanz. Die Fundstücke stammen nämlich vom Facebook- Profil eines gewissen Michael Stürzenberger, welcher den Erfolg der Pegida– Veranstaltung vom 21. September 2015 in Dresden in einer Zusammenfassung feierte.

Quelle: Facebook

Quelle: Facebook

Die besorgten Bürger, welche sich mehr oder weniger zu Pegida und deren Gesinnung bekennen, legen andererseits großen Wert darauf, nicht als Nazi oder Pack bezeichnet zu werden. Man will keineswegs in die sogenannte „rechte Ecke“ gestellt werden. Nun sollten sich aber diese Menschen, die sich derart vehement gegen diese Betitelung wehren, darüber klar werden, wessen Propaganda sie sich als Nachtgedanken einflößen lassen. Herr Stürzenberger ist schließlich Bundesvorsitzender der rechtspopulistischen Kleinpartei „Die Freiheit“ und regelmäßiger Redner bei Pegida und diversen Ablegern. Die Vita des Herrn Stürzenberger lässt keinen Zweifel an seiner rechtspopulistischen und fremdenfeindlichen Gesinnung. Mit Tatjana Festerling ist in der Kommandozentrale von Pegida eine Aktivistin umtriebig, welche sogar der AfD (Alternative für Deutschland) politisch zu weit rechts angesiedelt war.

Auch sollte ein eigentlich ziemlich auffälliges Paradoxon nicht unerwähnt bleiben. Hierzu muss man, auch wenn es intellektuell schwer fallen mag, zu dem zuvor grammatikalisch begutachteten Bilddokument zurückkehren. Angela Merkel wird darauf mit Adolf Hitler eher unrühmlich in Verbindung gebracht, wenn die Deutung des Textes überhaupt möglich ist. Irgendwo zwischen Satire und Geschmacklosigkeit lässt sich diese Darstellung einordnen. Wenn Menschen rechter Gesinnung, die Bundeskanzlerin „schlimmer“ als die Ikone ihrer Ideologie empfinden, darf man die Diagnose auf historische Amnesie stellen. Politisches Schlafwandeln ist nicht verboten, pendelt jedoch unkontrolliert zwischen Peinlichkeit und Gefährlichkeit durch mehrere Gesellschaftsschichten.


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